Fujifilm X-S10 Review

Fujifilm X-S10

Neueste Technik gepaart mit neuem Bedienkonzept – zumindest für Fujifilm-Puritaner. Was kann die neue Mittelklasse-Kamera?

Wenn man mir etwas nicht vorwerfen kann, dann ist es fehlende Neugier. Als Stuffie muss man einfach ab und zu auch mal was neues wagen und ausprobieren. So geschehen mit meiner Kamera-Ausrüstung. Gute 8 Jahre habe ich mit Olympus und dem Micro-Four-Thirds-System verbracht, diverse Kameras und Objektive getestet und und fast alle Fotos auf diesem Blog mit einer OM-D geschossen. Nun also Fujifilm. Nicht, dass ich mein Equipment nicht gemocht hätte. Die Olympus OM-D E-M5 ist und bleibt ne tolle Kamera, nicht zuletzt wegen des stylischen Old-School-Designs. Aber Design ist nun mal nicht alles.

Die Entscheidung einen Systemwechsel vorzunehmen habe ich mir dabei nicht leicht gemacht. Lange habe ich überlegt auf eine Vollformatkamera zu setzen, die Nikon Z6II oder eine vielleicht kommende Sony A7IV waren schon ganz oben auf der Liste. Aber nach diversen Hands-On-Sessions war schnell klar, dass diese Kategorie einfach zu groß und überdimensioniert für mich ist. Wenn es auf Reisen geht, möchte ich nicht einen separaten Rucksack nur für die Kameraausrüstung dabei haben. Bei gelegentlichen Fotowalks oder Radtouren will ich auch möglichst Gepäcklos unterwegs sein. Natürlich muss man vorher abwägen, was einem bei einem Kamerasystem am wichtigsten ist. Bei mir ist es eben die Kompaktheit, die ausschlaggebend ist. Nicht umsonst bin ich damals von einer klobigen Spiegelreflex auf eine deutlich kleinere spiegellose Olympus gewechselt.

Warum gerade Fujifilm?

Bei den Systemkameras von Fujifilm finde ich derzeit genau den Mittelweg, der mir entgegen kommt. Zum einen sind viele Modelle sehr kompakt – wenn man mal die Profikameras rausnimmt. Auch die Objektiv-Vielfalt ist mittlerweile mehr als riesig. Und was die Bildqualität angeht wird den Fujinon-Objektiven eine exzellente Abbildungsleistung bescheinigt. Bei meinem Systemwechsel kommt dazu noch der größere APS-C-Sensor gegenüber dem Micro-Four-Thirds zum tragen. Also auf zu neuen Ufern…

Fujifilm X-S10 vs Olympus OM-D E-M5 III
Die Neue und die Ex

Für meinen Umstieg habe ich mir die relativ neue X-S10 ausgeguckt. Hier muss man sagen, hat Fujifilm es mir mit diesem Modell sehr leicht gemacht. Ein typisches Merkmal der bisherigen Modelle der japanischen Kameraschmiede waren die unverkennbaren mechanischen Bedienelemente am Gehäuse: Die altmodischen Einstellräder für die Verschlusszeit, den ISO-Wert oder die Belichtungskorrektur. Und nun kommt die neue Fujifilm X-S10 um die Ecke und verzichtet auf genau diese Elemente. Das mag bei langjährigen Fuji-Fotografen für Irritationen sorgen, für mich bietet es aber einen einfachen Einstieg in die Fujifilm-Welt. Mir war diese Art von Bedienung schon immer ein Dorn im Auge, gerade was ISO und Belichtung angeht. Vielleicht habe ich früher gerade deswegen immer einen Bogen um Fuji gemacht.

Das Bedienkonzept der X-S10 ist für Umsteiger von Canon, Nikon oder MFT also nichts Neues. Sie ist klassisch aufgebaut und mit den Schaltern und Drehrädern so ausgelegt, dass fast alle Einstellungen mit einer Hand vorgenommen werden können. Ziemlich praktisch ist auch der kleine Joystick, mit dem beispielsweise der Fokuspunkt gewählt oder durchs Menu gescrollt werdern kann. Zudem bietet sie noch einige Buttons, die nach den eigenen Bedürfnissen mit individuellen Funktionen belegt werden können.

Modern Old-School

Die X-S10 besteht aus einer robusten Magnesiumlegierung und ist etwa 12,6 cm breit und 8,5 cm hoch. Von der Größe habe ich also gegenüber der OM-D E-M5 keine Einbußen hinnehmen müssen. Ein größerer Unterschied ist der Handgriff, der bei der Fujifilm deutlich ausgeprägter ist. Dadurch ist sie aber nicht weniger handlich. Sie liegt so schön satt in der Hand, dass man zu keiner Zeit das Gefühl hat, sie könnte einem aus der Hand rutschen. Mit einem Gewicht von 465 Gramm ohne Objektiv ist sie damit etwa 50 Gramm schwerer als meine Olympus. Das kann ich aber verschmerzen.

Das Gehäuse ist komplett in mattschwarz gehalten. Etwas schade, dass es dieses Modell nicht in silber gibt. Das hätte den Retro-Look noch etwas mehr Charakter gegeben. Aber auch so sieht die Kamera ziemlich klasse aus. Auf einen Wetterschutz muss man auch verzichten, dieser ist den Topmodellen vorbehalten. Sehe ich aber nicht so dramatisch, ich gehöre ja eher nicht zu den Motivjägern, die bei Wind und Wetter auf Fotosafari gehen.

Komplettiert wird das Äußere der X-S10 mit einem schwenkbaren Touchdisplay. Der 3 Zoll große Screen lässt sich beliebig klappen und drehen, so dass man auch problemlos Selfies oder beispielsweise Überkopf-Aufnahmen damit machen kann.

Fujifilm X-S10 mit XF18-55
Fujifilm X-S10 mit XF18-55 Objektiv

Anschlussmöglichkeiten

Die X-S10 verfügt über drei Anschlussmöglichkeiten: Micro-HDMI, Klinke fürs Mikrofon und einen USB-C-Anschluss, über den man mit einem Adapter auch einen Kopfhörer anschliessen kann. Über den USB-C-Port wird auch der Akku geladen. Nicht ganz optimal, wenn man die Kamera mit einem Zweitakku und gleichzeitig als Ladegerät nutzen möchte. Aber da gibt es mittlerweile auch gute Alternativen .

Fujifilm X-S10 4 © stuffblog
Strom kommt per USB-C

Innereien

Im Inneren der spiegellosen Kamera sitzt ein X-Trans CMOS 4 Sensor, welcher auch im Spitzenmodell X-T4 verbaut ist. Dieser nimmt Fotos mit bis zu 26 Megapixel auf. Das entspricht Bildgrößen von 6240 x 4160 Pixeln. Für verwacklungsfreie Aufnahmen hat Fujifilm der X-S10 auch einen integrierten 5-Achsen Bildstabilisator spendiert. Dieser IBIS ermöglicht theoretisch um bis zu 6-fach längere Belichtungszeiten. So genau kann ich das nicht beurteilen, dafür bin ich zu wenig Fotograf. Bei meinen ersten aus der Hand geschossenen Testbildern hatte ich aber kaum unscharfe Motive dabei.

Was mir bisher besonders gefällt, ist die Möglichkeit, meine favorisierten Einstellungen auf dem Programmwahlrad zu speichern. Die Custom Settings lassen sich hier auf C1-C4 individuell sichern. Dabei wird alles, was man an Einstellungen vornimmt, gespeichert. Das kann beispielsweise die Belichtungszeit, Filmsimulation, Farbkorrektur oder der elektronische Verschluss sein. Es gibt fast nichts, was sich nicht als Kombination speichern lässt. So hat man für bestimmte Situationen oder gewünschte Bildlooks gleich das passende Setting parat. Die benutzerdefinierten Profile erlauben es, sich so auf das Motiv zu konzentrieren statt durch die Kamera-Menüs zu navigieren.

Als Beispiel habe ich mir die Option PreShot auf ein Custom Set gelegt. Mit diesem Modus werden bei halb durchgedrücktem Auslöser bis zu 10 Bilder pro Sekunde aufgenommen, bis er ganz durchgedrückt wird. Nach dem vollen Durchdrücken des Auslösers werden nochmal bis zu 15 weitere Bilder gespeichert. Gerade bei sich schnell bewegenden Motiven ist es immer schwierig, genau den richtigen Moment zu erwischen. So hat man gleich eine ganze Serie und kann sich das Bild des perfekten Moments aussuchen.

Konfigurierbar AF

Und wenn man in bestimmten Situationen doch schnell was ändern möchte, lässt sich das im Quick-Menü mit wenigen Schritten tun, ohne gleich in die Tiefen der Menüs zu suchen. Auch das Q-Menü ist frei konfigurierbar – Optionen die man eh nie ändert, lassen sich dort ausblenden.

Für den Schnellzugriff auf bis zu fünf weitere Menüpunkte bietet die X-S10 neben der dedizierten Fn-Taste und dem unbeschrifteten Funktionsrad zusätzlich fünf frei konfigurierbare Tasten.

Fujifilm X-S10 5 © stuffblog
Unbeschriftete Bedienelemente sorgen für weniger Verwirrung

Ein ganz besonderes Higlight aller Fujifilm-Systemkameras sind die Filmsimulationen. Insgesamt stehen bei der X-S10 ganze 18 Presets zur Verfügung, die sich an den früheren analogen Fuji-Filmen orientieren. Wer sich an die Zeit erinnern kann, wo noch Filme in Kameras gesteckt worden sind, dem werden Begriffe wie Velvia oder Provia sicher bekannt vorkommen. Alle dieser analogen Fuji-Filme hatten damals ihre eigene Charakteristik. So zeichnete sich jede Filmsorte durch einen unterschiedlichen Kontrast sowie einem leichten Farbstich aus. Es gab keinen Farbfilm, der alle Farben auch nur ansatzweise korrekt darstellen konnte. Auch bei analogen Schwarzweißfilmen gab es deutliche Unterschiede im Kontrast und der übrigen Anmutung. Aber gerade diese Eigenschaften gaben und geben den Bildern eine ganz bestimmte Note. Wer mit analoger Fotografie nichts anfangen kann: Instagram-Filter basieren auf ebensolchen Filmsimulationen und imitieren diese Analog-Looks.


Diese tollen Filmsimulationen lassen sich zudem noch mit vielen weiteren Effekten wie Miniatur, High- oder Low-Key und noch weiteren zehn Kreativfiltern kombinieren. Auch lässt sich die typische Filmkörnung hinzufügen. Das Ganze kann man auch direkt auf dem Display betrachten, noch während man diese Einstellungen vornimmt. Man sieht also sofort, was nach dem “Schuss” rauskommt.

Mir gefallen diese kreativen Möglichkeiten ganz besonders gut, so muss ich teilweise keine Anpassungen mehr in Lightroom  vornehmen.

Wie bei jedem neuen Gadget, muss man sich ein wenig mit der Kamera und den Einstellungen auseinandersetzen. Von der Olympus bin ich komplexe und tief verschachtelte Menüs gewohnt, so dass die Einarbeitung ins Fujifilm-System nicht allzu schwer fällt. Aber auch hier ist learning by doing angesagt.

Wie es sich auch für eine moderne Cam gehört, lässt sich die X-S10 per App mit Smartphones und Tablets verbinden. Dabei greift das iPhone nicht nur per WLAN sondern auch per Bluetooth 4.2 auf die Fujifilm zu. Das hat den Vorteil, dass etwa Firmwareupdates über die App, eine Bildübertragung im Hintergrund und stromsparendes Geotagging möglich sind. Fernsteuern lässt sich die Kamera mit der App natürlich auch.

Und was ist mit Videos?

Ich selbst bin nicht so der Videograf, mir macht es mehr Spaß Situationen in einem einzigen Bild festzuhalten. Der Vollständigkeit halber sei aber gesagt, dass die X-S10 selbstverständlich auch mit Videos ganz gut umgehen kann. Die kleine Systemkamera bringt alles mit, um den Vlogger glücklich zu machen. Ob Gesichts- und Augen-Autofokus für Selfies, 4K-Aufnahmen mit 30 fps oder in Full-HD mit 60 fps – und die Filmsimulationen lassen sich auch hier nach Belieben anwenden.

Fazit

Alteingesessene Fujifilm-Fans haben beim ersten Anblick der X-S10 sicher gestutzt, unterscheidet sich die Kamera doch ein wenig von ihren zahlreichen Vorgängermodellen. Aber nach einer kurzen Gewöhnungsphase merkt man erst, was in der X-S10 steckt. Sie bietet einerseits ein gut durchdachtes und schnell erlernbares Bedienkonzept und andererseits reichlich Möglichkeiten zur individuellen Anpassung. Gepaart mit den tollen Filmsimulationen und einer Technik, die selbst in Fujifilms Topmodell ihren Dienst verrichtet, überzeugt mich die X-S10 von Tag zu Tag immer mehr.
Den Rest erledigt das üppige Objektiv-Lineup. Da wird demnächst noch sicher die eine oder andere Linse den Weg auf Stuffblog finden. Aber jetzt geht es erst mal wieder raus, Beispielbilder schießen…

Wie fast jede Systemkamera gibt es auch die Fujifilm X-S10 sowohl nur als Body als auch in diversen Kits mit passendem Zoom-Objektiv. Hier oder hier )

Beispielbilder

2 Kommentare
  1. Sehr schöne Beispielfotos. Ich überlege auch gerade mich von meiner alten Sony A6000 zu trennen und ein neues System auszuprobieren. Kommst du denn jetzt nach knapp 3 Monaten besser mit der Fuji zurecht?

    1. Moin Felix, danke für dein Feedback. Mittlerweile komme ich mit der X-S10 echt gut klar. Habe mich schon an die Bedienung gewöhnt und die Funktionen gefallen auch immer besser. Den Umstieg hab ich bis jetzt nicht bereut.

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